Wer ein Testament schreibt, möchte oft nicht nur festlegen, wer wie viel bekommt, sondern auch wer welche konkreten Gegenstände erbt. Hierbei gibt es zwei wichtige Begriffe, die leicht verwechselt werden: Vorausvermächtnis und Teilungsanordnung. Beide regeln, wie bestimmte Dinge aus dem Nachlass verteilt werden – aber mit sehr unterschiedlichen Folgen.
1. Was ist ein Vorausvermächtnis?
Beim Vorausvermächtnis bekommt eine bestimmte Person einen Gegenstand oder ein Recht zusätzlich zu ihrem Erbteil. Das bedeutet: Dieser Gegenstand wird nicht auf den Erbteil angerechnet. Der Rest des Nachlasses wird erst nach dieser „Vorab-Zuteilung“ unter den Erben aufgeteilt.
Beispiel:
- Mutter setzt ihre zwei Kinder zu gleichen Teilen als Erben ein.
- Zusätzlich bestimmt sie: „Mein Schmuck geht an meine Tochter Lisa als Vorausvermächtnis.“
- Ergebnis: Lisa bekommt zuerst den Schmuck und anschließend die Hälfte des übrigen Nachlasses. Der Bruder geht beim Schmuck leer aus.
Rechtsgrundlage: § 2150 BGB.
2. Was ist eine Teilungsanordnung?
Bei der Teilungsanordnung ordnet der Erblasser an, wer welchen Gegenstand aus dem Nachlass bekommt, aber der Wert wird auf den Erbteil angerechnet. So wird vermieden, dass ein Erbe durch einen besonders wertvollen Gegenstand übermäßig bevorzugt wird.
Beispiel:
- Vater setzt seine drei Kinder zu gleichen Teilen ein.
- Er schreibt: „Das Auto bekommt mein Sohn Max.“
- Ergebnis: Der Wert des Autos wird von Max’ Erbteil abgezogen, damit die anderen Kinder wertmäßig gleichgestellt bleiben.
Rechtsgrundlage: § 2048 BGB.
3. Warum der Unterschied so wichtig ist?
- Steuerung der Gerechtigkeit:
Wer eine absolute Gleichstellung möchte, muss klarstellen, dass es sich um eine Teilungsanordnung handelt.
Wer eine bewusste Bevorzugung wünscht, wählt das Vorausvermächtnis. - Vermeidung von Streit:
Unklare Formulierungen führen schnell zu Auslegungskämpfen unter den Erben – und oft zu teuren Gerichtsverfahren. - Auswirkungen auf Pflichtteilsberechnung:
Vorausvermächtnisse können auch die Höhe von Pflichtteilsansprüchen beeinflussen.
4. Formulierungs-Tipps für Testamente:
- Vorausvermächtnis:
„Mein Sohn Peter erhält das Ferienhaus als Vorausvermächtnis, ohne Anrechnung auf seinen Erbteil.“ - Teilungsanordnung:
„Meine Tochter Anna erhält das Ferienhaus im Rahmen der Erbauseinandersetzung; der Wert wird auf ihren Erbteil angerechnet.“
Fazit
Das Vorausvermächtnis ist ein Bonusgeschenk aus dem Nachlass, die Teilungsanordnung dagegen eine Verteilungsregel innerhalb des Erbteils. Wer seinen letzten Willen klar formuliert, verhindert Streit – und stellt sicher, dass das Erbe so verteilt wird, wie es wirklich gedacht war.
Julia Hoffmann – Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht
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